Pflegeprodukte für (Schreckschuss)- Waffen
Ein Blick auf die Inhaltsstoffe gängiger Produkte

letzte Aktualisierung: 18. Dez. 2021

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Index
Einführung
Schreckgespenst Verharzung
Ballistol
Weißöl
Motoröl
WD-40 & Co
Addinol W18
Waffenfett Vaseline
Laufreiniger
Schlangenöl
Gefahrenpotential
In der SSW Praxis
Referenzen
Patronenboden Patronenboden Patronenboden Patronenboden Patronenboden Patronenboden Patronenboden Patronenboden Patronenboden Patronenboden
Patronenboden Patronenboden Patronenboden Patronenboden Patronenboden Patronenboden Patronenboden Patronenboden Patronenboden Patronenboden
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Einführung

Nachdem die HW94 das Jahr über bestens einbalsamiert mit Ballistol verbrachte, war sie zu Silvester plötzlich zickig. Diese Schreckschußwaffe (im Weiteren: SSW) ist als munitionsfühlig bekannt. Ein User in einem Forum erkannte als unerwartete Fehlerquelle z.B. Flugrost im Patronenlager. Ich selbst beobachtete einen etwas zähen Belag, der aus meiner gut gemeinten Einbalsamierung mit Ballistol über blieb – getrocknetes Schmiermittel. Könnte es sein, daß dieses auch im Inneren reichlich vorhandene Überbleibsel die reibungslose Funktion (Wortspiel beabsichtigt) beeinträchtigt hat? Also mal nachgesehen, was man heute so benutzt zur Reinigung und Konservierung.

Zu diesem Thema gibt es tausende Beiträge in Waffenforen, schon beinahe eine Religion. Warum also einen weiteren solchen?
  1. Es gibt keine „wissenschaftlich“ ausgeführten Studien, sondern nur subjektive Erfahrungen
  2. Es gibt keine umfassenden Studien, welche alle Aspekte (z.B. Reinigung, Konservierung, Schußbetrieb) betrachten, sondern meist nur jene Teilbereiche, welche dem jeweiligen Verfasser am Herzen lagen.
  3. Neuartige Wundermittel schießen aus dem Boden wie die Schwammerl und es gibt keine aktuellen Studien, welche diese berücksichtigen. Dies wird gefördert durch gezielte Verunsicherung durch ein Marketing, welches die Schwachpunkte der menschlichen Psyche geschickt und skrupellos ausnützt (wer will denn schon als veraltet dastehen, indem er das althergebrachte Ballistol benützt, wenn ein anderer ein Teflon Produkt verwendet...)
  4. SSW sind ein Spezialgebiet, insofern es keine durch einen Lauf getriebene Geschosse gibt, mit all den damit zusammen hängenden positiven und negativen Faktoren.
  5. Es gibt immer wieder subjektive Horrormeldungen (z.B. „Verharzung“), welche aber nicht nachher objektiv und kompetent betrachtet werden.
  6. Und schlußendlich, man kann tausende entsprechende Seiten durchforsten, wird nicht alle Meinungen finden, wird sich seine eigene Meinung bilden müssen und mit dem vorlieb nehmen müssen, was leicht und preiswert erhältlich ist. Und den Versprechungen des Herstellers glauben müssen...
In diesem Sinne also habe ich mir meine Meinung wie nachfolgend gebildet. Wie immer habe ich keinen Bezug zu den genannten Firmen und Produkten. Die Namensnennung erfolgt nur zwecks besserer Identifikation der Produkte durch denselben.

Es sei darauf hingewiesen, daß manche der den nachfolgenden Zitaten zugrunde liegenden Behauptungen möglicherweise nicht „wissenschaftlich“ recherchiert sind, also einer Quelle entstammen, welche nicht unmittelbar auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfbar ist, bisweilen reicht es aber auch, jemandem sachliche Kompetenz intuitiv zuzuschreiben.


Mehr als erwartet hat sich der Aufsatz hier zu einem Exkurs in die Chemie entwickelt, doch wie der Spruch sagt: "Das Leben ist Chemie!".
Da ich nur ein des Denkens mächtiger Hobbyist bin, können Fehler passieren, daher alle Angaben ohne Gewehr
(Wortspiel beabsichtigt). Weiters können Rechtschreib-"Fehler" auftauchen, welche aber der Tatsache geschuldet sind, daß ich einen Pfifferling auf die Verschlimmbesserung der deutschen Rechts-Schreibung gebe.

Möge dieser Aufsatz helfen, inmitten all der Schlangenöle ein Mittel zu finden, welches einen annehmbaren Kompromiß zwischen Funktionalität, Erhältlichkeit, Unschädlichkeit und Preis darstellt, und vor Allem die Sicherheit gibt, richtig gewählt zu haben.

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Schreckgespenst Verharzung

Dieses Thema ist das absolute rote Tuch eines jeden Waffenbesitzers, oder überhaupt eines Jeden, der mit Feinmechanik zu tun hat.
Lasst uns dieses gleich vorweg betrachten.

Da dem Ballistol-Öl gerne die Verharzung nachgesagt wird, hat der Hersteller darauf folgendermaßen reagiert:



"Statt verharzen könnte man auch verderben sagen. Es handelt sich beim verharzen von Ölen um die Folge von chemischen Prozessen z.B. im Zusammenhang mit dem Kontakt zu Luftsauerstoff."

und



"Ballistol bietet dem Sauerstoffen keine Angriffsmöglichkeiten, weshalb das sogenannte „Verharzen“ also die Bildung von großen Molekülverbänden zu zähklebrigen Massen, nicht stattfinden kann."

Die dabei erzählte spektakuläre Geschichte ist natürlich alles andere als „wissenschaftlich“; einfach eine Frage des Glaubens, wenngleich plausibel.

Von welchem Prozess reden wir dann beim Verharzen?
Ein Forumsmitglied eines Messermagazins (auch Messer wollen geschützt sein…) schreibt dazu:



"Das "Verharzen" kann bei vielen pflanzlichen Ölen beobachtet werden.

Genau genommen handelt es sich bei diesem Phänomen um eine Polymerisation, d.h. um eine Verkettung von ursprünglich nicht miteinander verbundenen Molekülen. Besonders empfindlich für diese Reaktion sind Fette und Öle, die mehrfach ungesättigt sind, die also im Fettsäureanteil des Moleküls mehrere Doppelbindungen enthalten.
Auslöser für die Polymerisation können z.B. UV-Licht und Luft-Sauerstoff sein. Hohe Temperaturen können den Ablauf der Reaktion beschleunigen.
Daher wird bei der Lagerung von solchen Ölen auf luftdicht schließende, lichtundurchlässige Behältnisse und geringe Temperatur geachtet.
Durch die Polymerisationskettenreaktion ändern sich die Eigenschaften des Öls. In der Regel wird es fest (z.B. Leinöl) oder härtet sogar komplett aus (z.B. Tungöl). Dies ist bei der Imprägnierung von Holz oder Leder durchaus erwünscht, bei der Pflege von mechanischen Bauteilen eher weniger.

Mineralische/synthetische Öle zeigen diese Reaktion nicht.
"

Messerforum: user keyplus88, (Hervorhebung geändert)


https://www.messerforum.net/threads/verharzen-von-oelen-was-ist-das-genau.71648/


Beachte:
wir kennen die Richtigkeit dieser Aussage nicht (weil ohne Quellenangabe), sie erscheint jedoch logisch und plausibel.

Diese Feststellung wird also auf die meisten Pflanzenöle zutreffen, das im Ballistol enthaltene Grundöl (als Mineralölderivat), wie wir sehen werden, nicht.

Wir können also schon mal feststellen:

Pflanzenöle verharzen zuverlässig und scheiden für die Waffenpflege aus.

Was bei Ballistol beobachtet wird und vom Laien mangels Kenntnis des Unterschiedes gerne als „Verharzen“ bezeichnet wird:



"Auf ein mögliches Missverständnis muss allerdings hingewiesen werden: bestreicht oder besprüht man eine Oberfläche mit viel Ballistol, dann bildet sich nach dem Abdunsten der darin enthaltenen natürlichen flüchtigen Stoffe ein weißlicher vaselineartiger Film. Dieser Belag ist die harzfreie und säurefreie schmierende Substanz des Weißöls, die als Schutz und Schmierfilm wirkt. Keinesfalls ist dieser Belag mit einer Verharzung zu verwechseln wie sie bei anderen Ölen vorkommen kann. Technisch ausgedrückt: Hier handelt es sich um ein natürlichen physikalischen Vorgang (Verdunsten), während das verklebende Verharzen ein chemischer Vorgang ist."

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Ballistol

Schauen wir uns gleich mal die Inhaltsstoffe von Ballistol an. Der Hersteller mach kein großes Geheimnis daraus (Quelle). Wir sehen uns diese genauer an, denn einige der Inhaltsstoffe sind so nützlich und alltäglich, daß sie uns nachher noch dienlich sein könnten.


Inhalts-
stoff
Synonym
Prozent
Anteil
Funktion
Verweis
Ammoniumoleat
Ölsäure Ammoniumsalz k.A. Reinigungsverstärker Rohstoff für wässrige u. wasserfreie-organische Industriereiniger auf Ammoniumbasis (ähnl. Salmiak). Entfetter
(link)
(link)
Kaliumoleat Ölsäure Kaliumsalz
Kalium-Seife
k.A.
Bestandteil von Schmierseifen (Kaliumseife), Verdickungsmittel in Schmierfetten, Emulgator (link)
Ölsäure Oleinsäure,
(Z)-9-Octadecensäure

k.A.
Amphiphilie (Vermittler zwischen Wasser und Öl)
Funktion wahrscheinlich Emulgator, Tensid
(link)
(link)
Isobutanol 2-Methyl-1-propanol k.A.
Duftstoff
(link)
2-Methyl-1-butanol -
k.A.
Duftstoff (link)
Benzylalkohol -
k.A.
Duftstoff
(link)
Anethol -
k.A.
Duftstoff
(link)
Benzylacetat -
k.A.
Duftstoff
(link)

Meine Meinung: Selbst die Menge an Duftstoffen kann dessen ranzigen Buttergeruch, der nach einigen Jahren entsteht, nicht übertünchen, obwohl es einigermaßen natürlich riecht (wie alte Socken eben) im Vergleich z.B. mit der Duftnote von Brunox. Der Geruch dürfte von alternder Ölsäure stammen, denn Weißöl ist alterungsbeständig. WD-40 ist hier klar mein Favorit.

Der Hauptbestandteil dieser Rezeptur ist Weißöl. Das ist ein äußerst bemerkenswerter Stoff, der ein eigenes Kapitel verdient. Wir heben uns dies für nachher auf.

Ammoniumoleat ist ein nach Salmiakgeist riechender Stoff, der zB. in Metallpolituren und Industriereinigern enthalten ist. Siehe Kap. Laufreiniger.

Einer der Eigenschaften von Ballistol zu sein scheint, daß es sich bis zu einem gewissen Grad mit Wasser emulgieren läßt.

Ein Waffenbesitzer hat in einem Forum geschrieben, daß eine Milch aus Wasser und Ballistol sich hervorragend zum Reinigen von Schwarzpulverresten eignen soll:.
https://forum.wildundhund.de/threads/waffenoel-tests.128344/page-7#post-4354816

Da dies ist keine Eigenschaft des Grundöls ist, welches mit Wasser nicht mischbar ist, stammt diese von einem dieser Emulgatoren. Sehen wir uns also stellvertretend für die Vermittler das Kaliumoleat an.

Kaliumoleat gehört (wie Natriumoleat) zur Gruppe der Seifen:



"Kaliumseifen sind wie Natriumseifen als anionische Tenside oberflächenaktiv und vermindern die Oberflächen- und Grenzflächenspannung in einer wässerigen Lösung. Die Waschwirkung beruht darauf, dass die Oberflächen der zu reinigenden Substanzen benetzt und der Schmutz und ölige Substanzen emulgiert und in der Waschlösung verteilt werden"

Seifen sind (im Gegensatz zu den Metallseifen aus Calcium, Lithiumsalzen) leicht in Wasser löslich. Interessanterweise können diese Rohstoffe einerseits als Schmierfette (z.B. Natronfett) oder als Seife (z.B. Kernseife bzw. Schmierseife) ausgelegt sein. Wir werden darauf gleich zu sprechen kommen.

Beachte die Namensgebung: Natrium Seifen Fett:



"Sodium Soap Grease, (...) is very similar to domestic soap used for washing, (...).
Greases based on sodium soaps were fundamental in the lubrication of steam engines and the early machinery of the industrial revolution.(...)
Unfortunately sodium greases have three significant weaknesses. They are water soluble like washing soap (...).
"
(...)
"Characteristics: (...) Excellent protection against rust. (...)"

Dies bestätigt daher folgende Beobachtung:


"(...) Wälzlagerfetten als eine mögliche Strategie des Rostschutzes bei geringem Feuchtigkeitsanfall. Manche Fette emulgieren mit Wasser, so dass Wassertröpfchen von Öl/Fett umschlossen werden, den Schmierfilm damit nicht unterwandern können und nicht (oder weniger?) ans Metall geraten. (...)
Gerade dazu bei Peter-Greven Fettchemie gefunden: >>
Natronfette ... Charakteristische Eigenschaften dieser Schmierstoffe sind gutes Haftvermögen und die Fähigkeit, geringe Wassermengen zu emulgieren, was wesentlich zu ihrem besonders guten Korrosionsschutz beiträgt.<<
"
Messerforum: user Erka
Anmerkung: Genaugenommen ist hier von Natriumfett die Rede, obwohl wir ein Kaliumsalz der Ölsäure haben. Der ursprüngliche Verweis ist nicht mehr zu finden. Es geht hier um deren Fähigkeit, Wasser aufzunehmen.
Die oft beklagte Emulsionsfähigkeit von Ballistol dürfte also hinsichtlich der Schutzfunktion kein Problem darstellen, solange wir nicht von strömendem Regen reden. In der Tat wird die Fähigkeit, bis zu einem gewissen Grad Wasser aufzunehmen, auch alle anderen hier genannten Produkte treffen, sofern sie Emulgatoren / Tenside in ihrer Komposition haben.

Im Wesentlichen also besteht Ballistol aus:
  • Säure-und harzfreiem Grundöl
  • Duftstoffen
  • Tensiden (Emulgatoren)
Die im Ballistol enthaltenen Zusatzstoffe erscheinen gezielt und durchgängig auf ihre Unbedenklichkeit und Umweltverträglichkeit ausgesucht zu sein, weshalb der Einsatz des Mittels sich früher auch auf gesundheitliche Aspekte erstreckt hat. (In die Augen bringen sollte man die Mischung allerdings nicht unbedingt.) Diesbezüglich also Daumen hoch. Wir werden bei nachfolgenden Zubereitungen sehen, daß auf diesen Faktor dort kein großes Augenmerk gelegt wird.

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Weißöl



" Technische Weißöle unterschiedlicher Viskosität werden häufig nach ihrem Einsatzzweck vermarktet, z. B. als Nähmaschinenöl, Fahrradöl, Pflegeöl, Feinmechanikeröl, Bohr- und Schneidöl und werden als Schmierstoffe, Waffenöl oder Möbelpolitur verwendet. Sie sind sehr stabil gegenüber Umwelteinflüssen, werden nicht ranzig und verharzen nicht.
(...)
Weißöl verdunstet langsam, ohne Rückstände zu hinterlassen, muss also regelmäßig erneuert werden.
"
   
Der oft gelesene Hinweis „enthält kein Mineralöl“ ist jedoch insofern falsch, als Weißöl natürlich ein Mineralöl-Derivat ist. Dies soll aber wahrscheinlich darauf hinweisen, daß das Produkt kein krudes (unraffiniertes) Mineralöl enthält, um sich von entsprechenden Produkten gleich zu distanzieren. Ballistol behauptet, Weißöl sei ein Abkömmling von Paraffinöl, andere Hersteller nennen jedoch die Namen Weißöl, Paraffinöl und Vaselinöl und sogar Mineralöl synonym:



" Auch hochraffinierte medizinische Weißöle für Anwendungen in der Kosmetik und in der Medizin zählen zu den Mineralölen, bestehen dann aber praktisch ausschließlich aus Alkanen und Cycloalkanen, also gesättigten Kohlenwasserstoffen."
Eine "Gesundheits"- Seite geht sogar so weit zu behaupten: "Da Erdöl aus Pflanzen und Bakterien entstanden ist, handelt es sich bei Paraffinöl um natürliche Öle". Huch, mutige Behauptung... So gesehen ist wohl Plutonium auch ein Naturprodukt. Von welcher Fraktion der Schreiberling wohl bezahlt ist?
Es scheint aber so zu sein, daß zwar jedes Weißöl ein Paraffinöl ist (also zu den Paraffinölen zählt), aber nicht jedes Paraffinöl ein Weißöl ist. Insofern sind die Datenblätter zwar nicht falsch, aber potentiell irreführend.


"Weißöl wird durch Raffination (Veredelung / Reinigung) von Paraffinöl gewonnen. Paraffinöl ist seinerseits ein Nebenprodukt bei der Gewinnung von Paraffinen aus Erdöl.
(...)
Je höher der Grad der Raffinierung, desto reiner ist das Produkt.
(...)
Wenn hochgereinigte Paraffinöle weiter zu medizinisch reinem Weißöl (Paraffinum Liquidum) raffiniert werden, können diese als hochwertige Schmiermittel (...) eingesetzt werden. Dieses Weißöl ist dann farblos und Geruchlos.
"
Einige Hersteller bieten eine beeindruckende Liste von verschiedenen Qualitäten und Viskositäten (Fließfähigkeits-Klassen) an, wir werden darauf später zu sprechen kommen.
Ballistol´s  Griff zu Weißöl scheint also kein schlechter zu sein. Die Wahl eines hochreinen Produkts mag für einen technischen Zweck auf den ersten Blick überzogen scheinen, im Lichte des permanenten Hautkontakts aber nicht, zumal der Preisunterschied marginal ist angesichts des Preises mancher ausländischer Schlangenölprodukte.

Wer noch dazu Holzgriffe auf seiner Waffe hat, wird auch hier gut bedient:



" Weißöle bilden oft die Grundlage von Möbelpolituren. Weißöl wandert durch sein gutes Kriechverhalten in kleinste Fehlstellen hinein. Bei Kratzern, Flecken und Oberflächenporositäten in farblos lackierten Flächen beeinflusst dies die Lichtbrechung, sodass diese weniger auffallen.
Paraffinöl wird auch zur Behandlung von rohem Holz angeboten und schützt dieses vor Feuchtigkeit und der Bildung von Flecken. Im Gegensatz zu trocknenden Ölen kann es jedoch unter üblichen Einsatzbedingungen nicht aushärten (d. h. polymerisieren bzw. oxidieren) und lagert sich unverändert im Holz ein.
"

Für die dauerhafte Imprägnierung von Holzteilen mag man daher zu klassischen Mitteln wie Leinöl oder Tungöl greifen, welche dann tatsächlich tief in das Material eindringen und sich dort vernetzen (polymerisieren).

In der Tat scheint Weißöl auch für Leder ein probates Mittel zu sein:



" Pures Paraffinöl für die Lederpflege wird von vielen professionellen Sattlern für die (...) Lederpflege verwendet."


Ich habe hier keinen Verweis angegeben, da es hier nicht primär um diese Produkte geht, es gibt jedoch etliche kommerzielle Lederpflege-Produkte im Pferde-Bereich, welche dieses Öl verwenden. Es ist zu vermuten, daß man sich in diesem Zusammenhang nicht auf eine hochreine Varietät kapriziert hat, deshalb einfach "Paraffinöl". Es ist weiters auch anzunehmen, daß man bei Sätteln von Glattleder spricht.



" Anilinleder besitzen keine feste Oberflächenbeschichtung, weshalb ohne eine Versiegelung Flüssigkeiten teilweise einziehen können (...). Eine teilweise Porenversiegelung wird mit Suspensionen hydrophober Polymere erreicht (...)."

" Rauleder sind ebenfalls offenporig (...).
"
(Hervorhebung durch den Autor)

Für Rauleder wird Weißöl also eher nicht die erste Wahl sein. Es ist zwar hydrophob, aber eben nicht polymerisierend. Es läßt sich ohne Emulgatoren auch nicht in eine Emulsion mit Wasser bringen - Ballistol aber schon, wie wir oben festgestellt haben.

Auf Buntmetalle (Kupfer und Verwandte) scheint Weißöl leicht korrosiv zu wirken:
https://www.ballistol-shop.de/Ballistol-und-Messing:_:108.html

Wir können also weiter festhalten:

(Gereinigtes) Weissöl ist ein Stoff, der sich für die Waffenpflege rundum sehr gut eignet. Es ist außerdem im Haushalt universell einsetzbar, unbedenklich und billig. Es enthält keine Säuren und verharzt nicht.

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Motoröl

In Foren oft erwähnt wird auch zähflüssiges Motoröl:
Motoröl kann als Grundöl alles von krudem Mineralöl (nur wenig raffiniert) bis vollsynthetischem Öl enthalten.
Bei der Ölsynthese wird das Mineralöl aufgecrackt, d.h. in seine Moleküle zerlegt, welche dann zu künstlichen Ketten je nach gewünschter Eigenschaft neu zusammengebaut werden, die völlig andere physikalische und chemische Eigenschaften haben können als das Ausgangsmaterial. Diese Eigenschaften werden noch weiter verändert, indem dem Öl Additive beigegeben werden, u.a. die Fähigkeit, Schmutz zu lösen, zu binden und zu transportieren. Hauptsächlich jedoch betrifft dies Faktoren, welche die spezifischen Bedürfnisse von Verbrennungsmotoren ansprechen. Diese Additive sind nicht selten ein wohlgehütetes Firmengeheimnis. Älteren Motorölen ist die Komponente ZDDP (siehe Addinol W18) beigegeben, welche zumindest für den Rostschutz sorgen kann.
In einem Forum hat jemand behauptet, daß Motoröle pH-neutral seien, dem kann man aber entgegensetzen, daß Motoröle alkalisch eingestellt sein müssen (Alkalitätsreserve),  um die bei der Verbrennung entstehende Schwefelsäure (durch im Treibstoff vorhandenen Schwefel) zu binden, obwohl dies durch den reduzierten Schwefelgehalt bei weitem nicht mehr so dramatisch ist, wie es vor Jahrzehnten war. Einer Schwarzpulver-betriebenen Waffe mag dies entgegenkommen.

Wir können also an dieser Stelle festhalten:

Motoröle sind hochoptimiert für deren gedachten Einsatzzweck in Verbrennungsmotoren, nicht jedoch für Korrosionsschutz gegen Luftfeuchtigkeit, und ganz sicher nicht für Hautkontakt. Durch die völlig unbekannten Inhaltsstoffe erscheinen sie für die Waffenpflege nicht die erste Wahl.

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WD-40 & Co

Die Hersteller von WD-40 sind nicht so redefreudig, was die Inhaltsstoffe ihres Produktes angeht. In den meisten ihrer Sicherheitsdatenblätter steht nur das kryptische "zyklische Kohlenwasserstoffe", was ziemlich alles bedeuten kann.

Die Firma ist zu Recht sparsam mit ihren Aussagen über den Inhalt, weil es sich zeigt, daß dies zu großen Anteilen Entfetter sind, und daß die Schmierwirkung sowohl physikalisch als auch zeitlich begrenzt ist:

Inhaltsstoff (Spray)
Synonym
Prozent
Anteil
Funktion
Verweis
solvent naphtha petroleum, medium aliphatic - >60
Reiniger und Entfetter (s. unten)
(link)
petroleum base oil as paraffinic distillate, heavy, solvent-
dewaxed (severe)
-
15% to 25%
Grundöl. Das könnte ein Paraffinöl sein.
corrosion inhibitor unregulated -
1% to 10%
Korrosionsschutz

wetting agent unregulated
1% to 10%
Netzmittel (Tenside)

fragrance unregulated -
0% to 1%
Duftstoff
carbon dioxide -
2% to 3%.
Duftstoff




"WD-40 aerosol indicates the product is primarily petroleum-based, with the main ingredient being “solvent naptha, petroleum, medium aliphatic” (also known as Stoddard Solvent)"



"Stoddard solvent is a colorless, flammable liquid that smells and tastes like kerosene. (…)

 Stoddard solvent is a petroleum mixture that is also known as dry cleaning safety solvent, petroleum solvent, and varnoline; its registered trade names are Texsolve S® and Varsol 1®. It is a chemical mixture that is similar to white spirits. Stoddard solvent is used as a paint thinner; in some types of photocopier toners, printing inks, and adhesives; as a dry cleaning solvent; and as a general cleaner and degreaser. (...)"
(Hervorhebung durch den Autor)



"Many household products will do at least a passable job in a variety of uses other than the ones for which they are primarily intended, so such claims are not necessarily remarkable or unique.

Products designed for particular uses are generally more effective at those tasks than other products put to non-intended uses. (That is, bug spray might clean glass just fine, but plain old window cleaner is better, cheaper, and safer for that purpose.)"


Die reinigende Funktion erklärt auch die Vielzahl an Anwendungsgebieten dieses Wundermittels.

Eine ähnlich lächerlich nichtssagende Inhaltsangabe bekommen wir auch von Brunox, weshalb wir uns die Auflistung ersparen können.


Wir können also an dieser Stelle festhalten:


Die hochstilisierte Schmierwirkung von WD-40 scheint nicht dessen Stärke zu sein, obwohl die reinigende Wirkung akzeptabel sein wird. Ähnliches wird für alle ähnlichen Universal-Öl Produkte gelten.

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Addinol W18

Wiederum ein Klassiker, der ja schon allein durch seine langjährige Verwendung beim Militär gut sein muß. Schauen wir uns diesen daher genauer an.

Nachfolgend die Bestandteile laut Sicherheitsdatenblatt.
Die Inhaltsstoffe der Kanisterware unterscheiden sich geringfügig, enthalten jedoch dieselben funktionellen Komponenten.

Inhaltsstoff (Spray)
Synonym
Prozent
Anteil
Funktion
Verweis
1-Decen, Dimer, hydriert Dec-1-ene, dimers, hydrogenated,
Barrier Fluid FDA 22
< 15%
synthetisches Schmieröl, wird auch im medizin-technischen und Lebensmittel - verarbeitenden Bereich verwendet.
(link)
(link)
(link)
Benzolsulfonsäure, Calcium Salz -
< 3 %
Emulgator aus der Pestizidfabrikation (link)
Alkylphenolpolyglykolether Arkopal
<1%
Tensid, used as detergent, for example in oil drilling fluids
häufig in der Industrie eingesetzt
(link)
Zinkalkyldithiophosphat ZDDP <1%
Verschleiß- und Rostschutz-Additiv in Motorölen
(link)
(link)
2,6-Di-tert-butyl-4-methylphenol BHT
<0.5%
verhindert Ranzigwerden von Fetten

(link)
(link)
DMSO-Extrakt IP346
-
<3%
Testkriterium auf Karzinogene Substanzen
(link)
Propan + Butan

ad 100%
Treibgase


Interessant sind die folgenden Inhaltsstoffe:
  • Das Grundöl ist laut Aufdruck vollsynthetisch angegeben. Dies ist zu hinterfragen. Der Begriff ist nur bei Motorölen genau umrissen: https://www.auto-motor-oel.de/ratgeber/der-unterschied-zwischen-mineraloel-und-synthetikoel/11/. So gesehen ist auch Weißöl vollsynthetisch. Das Argument könnte ein reines Marketingargument sein, das der Blendung des Kunden dient. Das ist in diesem Bereich üblich. Daß es jedoch synthetisch ist, ist sicher. Es handelt sich auch hierbei um ein hochwertiges säure- und harzfreies Öl, welches im medizinisch-technischen Bereich und in der Lebensmittelverarbeitung zugelassen ist.
  • Was Hautkontakt und Anwendung angeht, so empfielt  das Sicherheitsdatenblatt des Grundöls deutlich die Verwendung von Atemschutz und Handschuhen und läßt diese Zubereitung nicht unbedingt als harmlos erscheinen. Es ist außerdem hoch  bioakkumulativ (reichtert sich im Körper an)
  • ZDDP: war früher ein nützliches Additiv in Motorölen. Es war billig, hochwirksam als Verschleißschutz bei Metall-Metall Kontakt und häufig benutzt in früheren Motorölgenerationen. Die letzten Jahrzehnte wurde es nicht mehr verwendet aufgrund von Bedenken wegen seiner Giftigkeit.
    https://shop.advanceautoparts.com/r/advice/car-maintenance/zddp-motor-oil-additive-engine-oil-additives-that-work
  • BHT ist ein zweischneidiges Schwert, einerseits gibt es Hinweise auf eine Bedenklichkeit
    https://www.sigmaaldrich.com/AT/de/product/aldrich/b1378https://de.wikipedia.org/wiki/Butylhydroxytoluol 
    andererseits wird BHT jedoch in rauhen Mengen z.B. in der Kosmetik verwendet;
    https://thedermreview.com/bht/
  • DMSO-Extrakt: Der Hinweis ist etwas irreführend. Das Produkt enthält kein DMSO, sondern bezieht sich auf einen Test nach IP346. Dieser Test mißt die Menge an DMSO-löslichen polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen, welche ab einem Wert von >3% als karzinogen (krebserregend) gelten und im Sicherheitsdatenblatt zu deklarieren sind:


"DMSO ist organisches Lösungsmittel. Seine besondere Fähigkeit ist das leichte Eindringen in Haut und andere Zellmembranen. Es dient daher als Trägersubstanz bei auf der Haut angewendeten Arzneimitteln (...) zur Einschleusung der Wirkstoffe (...) als sogenannter Transportvermittler (auch Penetrationsverstärker, Schleppersubstanzen genannt), d.h. in DMSO gelöste Substanzen werden leicht vom Organismus durch die Haut aufgenommen. Das gilt auch für Gifte, die sonst keine oder schwach wirksame Kontaktgifte darstellen (…). Daher müssen Lösungen von als toxisch geltenden Verbindungen sofort, wenn diese auf die Haut gelangen, mit geeigneten Mitteln (z.B. Wasser) abgespült werden."
(Hervorhebung durch den Autor)

DMSO als Prüfstein zielt vermutlich darauf ab, daß es in vielen Körperpflege- und medizinischen Präparaten enthalten ist weil es so gut einzieht, und (Gift-) Stoffe gleichwelcher Art ins Körperinnere mitnimmt.


"The classification as a carcinogen need not apply if it can be shown that the substance contains less than 3 % DMSO extract as measured by IP 346 ‘Determination of polycyclic aromatics in unused lubricating base oils and asphaltene free petroleum fractions — Dimethyl sulphoxide extraction refractive index method’, Institute of Petroleum, London. This note applies only to certain complex oil-derived substances in Part 3."
(Hervorhebung durch den Autor)

GHS Notebook: The IP 346 test standard and classification as a carcinogen
https://ghsnotebook.wordpress.com/2017/04/26/the-ip-346-test-standard-and-classification-as-a-carcinogen/


Wir stellen also fest:

Addinol W18 enthält ebenso wie seine Mitbewerber ein hochwertiges Grundöl, außerdem wirksame Komponenten für Rostschutz und Reinigung.
Die Funktionalität dieses Produktes ist unbestreitbar, einige seiner Bestandteile sind jedoch nicht unbedenklich in Anwendung und vermehrtem Hautkontakt.

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Waffenfett Vaseline

Ein sehr niedrigviskoses (fliessfähiges) Öl neigt natürlich zum Davonrinnen.
Für eher statische Teile könnte man  ein formstabileres Produkt bevorzugen wollen.
Hier würde sich ein dem Weißöl verwandtes Mittel anbieten, nämlich die Vaseline, welche neutral gegenüber Metall ist, und auch sonst identes chemisches Verhalten zeigt, und
darüberhinaus ebenso wie Weissöl gesundheitlich unbedenklich ist.



"Vaseline bietet als mittelfester Paraffinschnitt mit pastöser Grundstruktur viele Anwendungen im technischen Bereich und gilt als eines der materialverträglichsten Mittel für den Rostschutz. Durch ihre wassermeidende (hydrophobe) Eigenschaft und ihre hohe Beständigkeit gegen Säuren und Basen ergibt sich für Rostschutz-Vaseline eine große Anzahl an Einsatzgebieten. Die Hohlraumversiegelung im Fahrzeugbau und im Bautenschutz sowie die Verwendung als Kabelfüllmasse sind an dieser Stelle exemplarisch zu nennen. Des Weiteren kann diese technische Vaseline in vielen Anwendungen als Schmiermittel eingesetzt werden."

Hier ist von "technischer" Vaseline, also einer preiswerteren, weniger gereinigten Version die Rede. Natürlich spricht absolut nichts gegen die Verwendung von reiner Vaseline, wie man sie im Kosmetikgeschäft erhält. Die ist genauso mittelfest wie die technische.

Es gibt natürlich Vaseline Waffenfett in Dosen zu kaufen, doch das wäre beinahe ein Schelmenstück.
Natürlich ist es jedem überlassen, ob er lieber die schöne Dose für den 20-fachen Preis kaufen will.

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Laufreiniger

Ein Bereich, den wir hier noch nicht angeschnitten haben, sind spezialisierte Laufreiniger. Obwohl sie für SSW nicht relevant sind, haben wir es doch auch in allgemeinen Waffenreinigern mit dessen Inhaltsstoffen zu tun und so wollen wir einen Blick darauf werfen, denn manch einer könnte meinen, seiner SSW damit etwas besonders gutes zu tun.

Hauptverunreiniger des Laufes von Schußwaffen sind metallische Rückstände von den hindurch getriebenen Geschossen:



"Tombak ist die Bezeichnung für eine hoch kupferhaltige Messinglegierung aus Kupfer (Cu) und Zink (Zn) mit einem Zinkanteil unter 28 %. (...)
In der Waffentechnik werden Patronenhülsen und die Mäntel von Geschossen häufig aus Tombak gefertigt. "


Da uns das nicht trifft (Wortwitz beabsichtigt), und da vor allem SSWs zum überwiegenden Teil aus Zinkdruckguss gefertigt sind, sollten wir uns von diesen konzentrierten Mitteln fern halten.

Ich habe mindestens drei Arten von Laufreiniger / Bore Cleaner gefunden, welche eine Ammoniumverbindung enthalten. Die von Ballistol vertriebene Variante enthält als "spezielle Kombination" wässrige Ammoniaklösung. Die entsprechende Haushaltsversion,
welche im harten Militäreinsatz natürlich nicht getestet ist, heißt Salmiakgeist. Siehe auch [1], [2].
Ammoniak ist sehr belastend für die Atemorgange, aber offen gestanden habe ich schon von diesen Marketingsprüchen die Nase gestrichen voll.
Und so ist auch in Ballistol Waffenöl  ein naher Verwandter davon enthalten: Ammoniumoleat. Auch diese Substanz enthält Ammoniak und wird versuchen, damit dem Tombak zu Leibe zu rücken.
Der dort angeführte Hersteller dieses Stoffes bietet auch eine Liste von Waffenreinigungs- und Pflegemitteln an. Die Preise sind hoch und Sicherheitsdatenblätter, die einen (wahrscheinlich ernüchternden) Blick auf die Inhaltsstoffe erlauben würden, sind nicht offensichtlich verfügbar.
Und damit sind wir auch schon beim...

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Schlangenöl




"Schlangenöl (aus dem Englischen snake oil) ist die Bezeichnung für ein Produkt, das wenig oder keine echte Funktion hat, aber als Wundermittel zur Lösung vieler Probleme vermarktet wird.

Der Begriff Schlangenöl entstammt der Mythologie des amerikanischen Wilden Westens, wo selbsternannte Wunderheiler und Kurpfuscher auf Medicine Shows Schlangenöl als Heilmittel für Gebrechen aller Art verkauften."


Unterm Strich ist es ein Ausdruck für ein Produkt, bei dem der tatsächliche Nutzen gering ist im Vergleich zu der behaupteten Wirkung,  welche vorher jedoch mit viel Magie vorgegaukelt wurde. In der Regel steht der Nutzen des Produkts dann auch in keiner Relation zu dessen Preis, wodurch der Käufer der Betrogene ist.

Der Vergleich hinkt insofern, als daß wir hier von Produkten sprechen, welche zwar sehr wohl wirksam sind, aber aus so einfachen und preiswerten Grundstoffen bestehen, daß zumindest die kleinen Abgabemengen oft lächerlich überteuert erscheinen.

In einigen Fällen besteht die Diskrepanz darin, daß die Produkte zwar wirksam und zweckmäßig, aber in der Anwendungssicherheit weit weniger bedenklich sind, als suggeriert wird.

Und manche enthalten als Grundöl tatsächlich einen gehörigen Schluck Schlangenöl gemäß obiger Definition, insofern sie zwar einen passablen Job machen bezüglich einer der angepriesenenen Einsatzbereiche, jedoch nicht mehr als ein spezifisch für dieselbe Aufgabe gedachtes, billiges Haushaltsmittel es auch könnte.

Die Magie besteht in vielen Fällen darin, ein Mysterium aus den Zutaten zu machen, die obwohl für jeden einsehbar, nur für einen Wissen - Schafft - ler verständlich erscheinen (sollen), weiters aus Schall und Rauch und einer gehörigen  Portion psychologischer Manipulation.

Ein ebenso fieser Zaubertrick ist es im Grunde genommen auch, daß der Käufer mit der absolut unwesentlichsten Komponente des Gebräus, nämlich den Duftstoffen vom Produkt überzeugt wird, was mit der Qualität dessen rein gar nichts mehr zu tun hat.

Der Informatiker würde sagen, diese Magie beruht auf einem Informationsdefizit. Auf deutsch gesagt: dem Kunden wird nicht in allen Bereichen die volle Wahrheit erzählt bzw. das Gesamtbild vermittelt.
 

Aber natürlich fühle ich mich viel besser, wenn ich dasselbe glorifizierte Waffenöl verwende, das die amerikanischen Elitesoldaten (angeblich) verwenden. Es ist zwar sauteuer, aber es muß gut sein. Ich hoffe es ist verständlich, worauf ich hinaus will.

Eines dieser Produkte, deren Magie in High-Tech, die wir nie verstehen werden liegt, ist meiner Meinung nach Teflon.

Teflon ist ein Fluor Produkt, und es gibt viele, viele Hinweise, welche dieses Element langfristig alles andere als gesundheitsförderlich erscheinen lassen. Besonders Aerosole. Mein Rat: Finger weg von diesem Zeug. Im wörtlichen Sinne.

Lasse Dich nicht von den Marketingsprüchen beeindrucken.
Alle kochen nur mit Wasser.

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Gefahrenpotential

Manch einer hat Feurio! geschrien angesichts des MSDS (Sicherheitsdatenblatt) des Addinol W18 Produkts wegen des dort abgebildeten Piktogrammes der Lungengefährdung.

Doch dasselbe Warnzeichen findet sich auch im Datenblatt des Weißöls. Es steht überhaupt in allen Datenblättern von Ölzubereitungen.
Die Lungengefährdung (vor allem bei oraler Aufnahme) betrifft somit alle Mineralölprodukte.
In der Tat haben Kinder schon Weißölzubereitungen (Lampenöl) getrunken, wie allenthalben in den Shops zu lesen ist.


Im Falle der oralen Aufnahme werden wir tatsächlich eine Gefahr für die Lunge haben, doch das ist wohl nicht der gedachte Verwendungszweck. Ergo geht die größte Gefahr bei der Anwendung vom Aerosol aus, wie es typischerweise beim Versprühen entsteht.
Eines seiner vielfältigen Anwendungszwecke von Weißöl ist übrigens das Abtöten von Kleinstlebewesen wie (Blatt-) Läusen, indem es deren Atmungsfunktion blockiert.
Der Grad der Gefährdung hängt jedoch wie immer von der Dauer der Exposition, von der Menge des Stoffes, und von der Häufigkeit ab.

Wir erkennen:


Ein echte Belastung für die Lunge besteht beim Versprühen von allen ölhaltigen Stoffen. Der anhaltende Geruch ist übrigens ein guter Indikator dafür, wie lange sich das Aerosol in der Luft hält.

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In der SSW Praxis

Nachdem wir nun einige der gängigen Produkte durchleuchtet haben und gesehen haben, daß alle nur mit Wasser kochen, überlegen wir uns, was wir davon wirklich brauchen.
SSW unterscheiden sich außerdem in einigen Belangen von scharfen Waffen, z.B. dadurch, daß ein Großteil der Teile nicht aus Stahl, sondern aus Zinkdruckguß gefertigt sind, und daß auch keine Ablagerungen von Geschossen (Blei etc) entfernt werden müssen.

Wir verlangen also von einem Pflegeprodukt hauptsächlich:

  • Reinigung
  • Schmierung
  • und evtl. in einem geringeren Maß als bei scharfen Waffen: Korrosionsschutz.
  • Eventuell Holzpflege
  • Eventuell Lederpflege
Man muß sich darüber im Klaren sein, daß in Wahrheit keines der vorgenannten Produkte alles gleich gut abdecken kann.

So z.B. ist die Reinigung besser als eigenständiger Prozess ausgeführt. Zur Entfernung von Schwarzpulver- und Nitrocellulose Verbrennungsrückständen gleichermaßen eignet sich hervorragend ein seifenartiges Reinigungsmittel und heißes Wasser. Da die Verschmutzung schon nach wenigen Schuss oft so stark ist, daß die Waffe unbenutzbar wird, ist dies der unabdingbare erste Schritt.
Es ist in diesem Zusammenhang ohnehin zu hinterfragen, ob ein zu starker Belag an klebrigen, ölhaltigen Substanzen z.B. im Lauf nicht die Anlagerung von Verbrennungsrückständen fördert. Vielleicht sollte dieser vor dem Schießen besser entölt werden. Dazu würde sich WD-40 und nachfolgendes Ausblasen mit Pressluft anbieten.
Besonders bei Schwarzpulver soll nicht lange gewartet werden, sonst beginnt die Schwefelsäure ihr schändliches Werk.
Man könnte z.B. einen Bremsenreiniger für extreme Verschmutzungen ins Auge fassen, aber Achtung, ein Forumsmitglied hat angeblich zwar mit Cilit Bang, einem sehr starken Haushaltsreiniger, erfolgreich den Schmutz entfernt, aber auch die Brünierung.
Als Reinigungsmittel würde sich durch seine Nähe zum Fett Kernseife (z.B. eine selbsthergestellte Lösung in Wasser) anbieten. Wie oben erwähnt, hat Kernseife eine große Affinität zu Wasser und zu Ölen. Oder Schmierseife. Zusammen mit dem Bürstchen dürfte das allen Rückständen rücksichtslos zu Leibe rücken.
Mit dem Schuß Salmiakgeist, wie im Kap. Laufreinger erwähnt, wollen wir bei SSW wegen der Gefahr für das Zink eher vorsichtig sein.

Wichtig ist hierbei auch das nachfolgende Herausspülen der Verschmutzung mittels des Trägers (hier: Wasser).

Da dies naturgemäß auch alle vorherigen Schutzöle entfernen wird, muß nach gründlicher Trocknung neu eingeölt werden.
Wie man also erkennt, ist die Reinigungswirkung des Pflegemittels ohnehin nicht dessen Stärke.

Zum Konvervieren könnte man Weißöl verwenden, welches dann analog zu Ballistol funktioniert. Damit hat man ein Mittel das sich im Haushalt auch anderweitig vielseitig einsetzen läßt, sofern man die lebensmittelechte oder gar medizinische Variante davon verwendet, welche aber immer noch äußerst preiswert ist.
Viele der in Haushalt und Werkstatt bereits vorhandenen Mittel wie Nähmaschinenöl, Feinmechaniköl, Fahrradöl, Edelstahlöl etc. bestehen zu 100% aus Weißöl technischer Qualität (nicht hochrein).
Allerdings, wie eingangs erwähnt, könnte der sich bildende zähe Film (sofern nennenswerte Zeit zwischen dem Aufbringen des Öls und der Verwendung der Waffe vergeht…) einer reibungslosen Funktion der Waffe nachher theoretisch entgegenstehen. Hier reden wir aber von Monaten. Diese könnte, falls störend, dann wiederum unmittelbar vorher mit einem lösemittelhaltigen Öl der All-In-One Fraktion aufgeweicht und ggf. entfernt werden, nachdem diese ja in großer Menge Entfetter enthalten.
Profis entölen ihren Lauf ohnehin vor jedem Schuß. Das betrifft zwar das Verschießen von scharfer Munition, in unserem Falle jedoch könnte es der Tendenz des Laufes mit Schmutz zuzuwachsen, entgegenwirken.
Es kann auch schon genügen, durch ein Aufsprühen derselben den Weißölbelag wieder weich zu machen.

Von Weißöl gibt es unzählige Varianten der Viskosität (ein Maß für die Zähflüssigkeit auf einen bestimmten Temperaturbereich bezogen). Addinol sagt zum Punkt Waffenöl folgendes:



"Das Waffenöl von ADDINOL hat eine niedrige Viskosität, welche zwischen der ISO VG Klasse 15 und 22 angesiedelt ist. Die kinematische Viskosität des Waffenöls liegt bei 17,6 mm²/s bei 40 °C. Damit ist das Öl relativ dünnflüssig und besitzt gute Kriecheigenschaften. Das Waffenöl verteilt sich beim Einsatz gut auf und in der Waffe, schützt Oberflächen und führt Verunreinigungen ab. "

Wir könnten also ein Weißöl vergleichbarer kinematischer Viskosität mit pharmazeutischer Zulassung als Schmiermittel verwenden.
Es verharzt nicht und ist säurefrei.

Für eher statische Teile bietet sich Vaseline aus dem Supermarkt an.
Für den Holzschutz bietet sich Weißöl ebenso an. Im Freien liegen lassen wird man seine SSW wohl nicht.
Für Glattleder ist Weißöl ideal, da es auch in vielen einschlägigen Pflegeprodukten enthalten ist.
Für Rauleder gibt es einschlägige Lederpflegeprodukte, Weißöl kann auch funktionieren
(s. Kap. Weißöl), zumindest besser als nichts.

Ob einer dieser Mittel problematisch wirkt auf irgendwelche bestehenden oder zukünftigen Oberflächenbeschichtungen, ist unbekannt und kann deshalb nicht ausgeschlossen werden.
Es gibt Hinweise darauf, daß die Brünierungen moderner SSW darauf empfindlich sind (allerdings waren dies Ballistol Anwender, also möglicherweise einer der dort enthaltenen Additive...) 
Siehe auch obiger Hinweis auf die geringe Unverträglichkeit mit Buntmetallen, z.B. Messingnieten im Leder.

Da Ballistol im Prinzip genau dieselben Stoffe enthält, und auch dessen Preis (im Gegensatz zu manch exotischem Mittelchen), zumindest für die größeren Gebinde, nicht unverschämt überteuert ist, spricht auch nichts gegen dessen Anwendung. Kein Produkt ist dermaßen vielseitig wie jene aus Weißölen.

Addinol W18 erscheint als probates Mittel zu sehr angemessenem Preis, das seine Funktion bestimmt erfüllt, jedoch erscheint es problematisch in der Verarbeitung, vor allem im Hautkontakt.


Fazit:
Die betrachteten (dezidierten) Waffenpflegeprodukte sind alle tauglich.
Im Sinne der Unbedenklichkeit in Handhabung, Hautkontakt und Umweltaspekten bieten sich
aber Haushaltsprodukte zur Reinigung an, und Weißöl (und verwandte Produkte) für die nachfolgende rundum-Pflege der Waffen und zugehöriger Teile, welches gleichzeitig eine sehr kostengünstige Version darstellt.


Referenzen

[1] Lutz Möller: Lauf zu reinigen,Rohr frei! #Ammoniumoleat zur Rohrreinigung
    http://www.lutzmoeller.net/Waffen/Lauf-reinigen.php#Ammoniumoleat_zur_Rohrreinigung
[2] Lutz Möller: Lauf zu reinigen,Rohr frei! #Salmiakgeist_reinigt_Läufe
    http://www.lutzmoeller.net/Waffen/Lauf-reinigen.php#Salmiakgeist_reinigt_Läufe
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Aktualisierungs-Verlauf
  • 18. Dez. 2021,  Update Schlangenöl
  • 17. Dez. 2021,  Erstveröffentlichung
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